238, Wem gehört die Strasse? (Teil 1)

VonSivic

3. November 2015

Hallo zu Ausgabe 238 von Sivics Blog!

Die Frage im Titel erhitzt seit kurzem die Gemüter auf sehr vielen Ebenen.
Die Westbahn, Geschäftsleute und Passanten diskutieren auf unterschiedliche Weise, verschiedene Fälle, in denen es um wirtschaftlichen Schaden hervorgehoben durch Sicherheitssperren, Flüchtlingsbetreuung, Sondertransporte und Demonstrationen geht.

Wem gehört die Strasse?

Betreff der Straße stellt sich natürlich die Frage, wem gehört die Straße und hier muss man wiederum zwischen Privatstraßen oder öffentlichen Wegen, also Teilen des Gemeinvermögens unterscheiden.

Hier stellt sich dann wiederum die Frage, gehört sie damit, so ähnlich wie in einem Haus mit mehreren Eigentumswohnungen, in einer gewissen Form zum gewissen Teil auch mir, oder hat sich der Umstand eingeschlichen, dass es sich hiermit mittlerweile um den Besitz einer imaginären sich verselbstständigten Körperschaft handelt.

Darf ich überall demonstrieren?

Bild 1: Die beiden Grazer Flüchtlingsdemos führten im Oktober wieder zu heißen Diskussionen, ob Demonstrationen den Straßenbahnverkehr einschränken dürfen.
Die Antwort ist schlicht “NEIN”, die Polizei kann aus sicherheitstechnischen Überlegungen Demonstrationen untersagen oder an Orte außerhalb einer “Sperrzone” verlegen (siehe Akademikerballdemos).

Für viele Gruppen / Organisationen und sogar Firmen stellt sich die Frage, wie man sich medial und im Sinne einer medialen Breitenwirkung enstprechend präsentieren kann. Demonstrationen und Protest- / Straßenaktionen sind ein beliebtes Mittel zur Verbreitung von Botschaften.
Da macht es grundsätzlich auch keinen Unterschied, ob ich für Flüchtlinge demonstriere, eine Gay-Parade veranstalte, oder mit anderen wirksamen Straßenaktionen ( z.b. Udo Jürgens Bademantel Demo) auf meine Inhalte aufmerksam mache.

Das grundsätzliche Motiv einer Straßenveranstaltung ist es Aufmerksamkeit zu erregen, die konkreten Gründe die jemanden dazu motivieren / bringen, dies zu tun, sind oft unterschiedlich gelagert.

Ist es also zulänglich dass man bereits mit “kleinen” Straßenaktionen andere Bürger in ihren Freiheiten einschränkt und vielleicht sogar Geschäftsleute und Betriebe schädigt?

Dürfen politische Gruppen ein “Hoheitsrecht” über die Straße beanspruchen, in dem sich diese immer auf das Demonstrationsrecht berufen?

Soweit so klar, wir gehen in dieser dreiteiligen Serie der Frage nach, wann und unter welchen Umständen es zulässig ist, dass man die Bedürfnisse einzelner oder weniger Personen, über die Bedürfnisse vieler Menschen stellen darf.

Wie eine Atomkonferenz Firmen schädigen kann.

Wien ist eine Konferenzstadt, als jemand der selbst in der “City” (1.Bezirk “Innere Stadt”) etliche Jahre gearbeitet hat, weiß ich das aus eigener Erfahrung. Da geht gerne einmal ein Minister in den Pausenzeiten einer OPEC Konferenz in die nahe gelegenen Geschäfte und lässt gut und gerne 30 – 50.000 Euro für italienische Maßanzüge liegen.
In wie fern dies auch bei der Iran-Atomkonferenz im heurigen Juli der Fall war, muss ich erst erfragen, man hat ja noch seine Kontakte.
Für die Geschäftsleute in unmittelbarer Nähe zum Tagungsort in der Wiener-Innenstadt, dem Palais Coburg, gab es jedoch wenig zu feiern. 
Diese waren durch die hermetische Abriegelung des Vorplatzes zum Palais für zwei Wochen (14 Tage), massiv in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt und gingen zur Volksanwaltschaft
Die Absperrung des Vorplatzes vor dem Palais Coburgs in Wien, hatte zur Folge, dass während der Iran-Atomkonferenz Kunden nur sehr eingeschränkt, bzw. gar nicht zu den Geschäften durchgelassen wurden.

Der Bettenhändler Christian Leidinger, bewies dass seine Firma im Vergleich zum Vorjahr 60% Umsatzeinbrüche in der Zeit der Konferenz zu verbuchen hatte und fordert dies mit anderen Händlern (laut WKO insgesamt 11 bekannte Fälle) nun ein. Die Sache beschäftigt mittlerweile schon einen Anwalt.

Die Wirtschaftskammer Wien forderte sogar in einer schriftlichen Stellungnahme den Staat dazu auf Ersatz zu leisten, wenn schon nicht aus einer gesetzlichen Verpflichtung, dann doch aus einer moralischen Verantwortung heraus, sollte dies nicht geschehen würde die WKO-Wien selbst Maßnahmen setzen.

Darf der Staat Bürger schädigen?

Video 1: Dr. Peter Fichtenbauer erklärt im Bürgeranwalt die Rechtslage.

Der Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer brachte die Sache zu Peter Resetarits ins Studio der Sendung “Bürgeranwalt” und lies mit der Aussage aufhorchen, wonach bei einer durch den Staat entstandenen Geschäftsschädigung Ersatzforderungen von mutmaßlich von schuldlos zu Schaden gekommenen Personen, z.B. durch längere Zeit durchgeführte Sicherheitsabsperrungen, zurecht bestehen.

Fichtenbauer ging dabei auch auf ein wichtiges Stichwort ein, die “Güterabwegung“, d.h. dass es es abgewogen werde müsse, ob der Standort einer Veranstaltung zu “Einschränkungen” führen könnte, die an einem anderen Ort nicht der Fall wären und ob die schuldlos geschädigten Personen nach dem Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz zu entschädigen, respektive dieses um einen Passus zu erweitern, der in Zukunft eine Entschädigung ermöglicht.

Der zuständige Stadthauptmann der Wiener Polizei im 1. Bezirk, HR Mag. Josef Koppensteiner äußerte sein Verständnis für Hrn. Leidingers Situation und beteuerte den Umstand dass die Polizei selbst erst zwei Tage vor der Konferenz über diese informiert und jeweils erst am Ende eines Verhandlungstages darüber in Kenntnis gesetzt wurde dass die Atomkonferenz wieder einen Tag länger dauern würde.
Für die Händler war die Situation genauso schädigend, denn diese hätten bei früherer Information, die Geschäfte (Urlaub) schließen, oder anderweitig agieren können (siehe Video).

Dabei ging es auch konkret um die Frage, warum man eine Konferenz wie diese unbedingt in einem Palais in der Innenstadt durchgeführt wurde, wenn es dafür doch andere Orte wie etwa die UNO-City, das Austria Center, oder die Hofburg gibt. Mit anderen Worten, dort wird “Niemand” gestört.

Die Aussagen Fichtenbauers, rufen besonders in der Diskussion um die Erlaubnis von Demonstrationen in der Grazer Herrengasse oder am Wiener Ring, die Kritiker auf den Plan, zukünftig einen Riegel vorzuschieben.

Heißt es also zukünftig wieder einmal mehr demokratische Rechte vs. Finanzertrag?

Mehr dazu wenn ich mich wieder seht, ihr müsst unbedingt lesen wie es weitergeht.

Euer Sivic

VonSivic

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