Im Zuge der Durchsicht der Diplomarbeit von Arbeitsministerin Christine Aschbacher fand der “Plagiatsjäger” Dr. Stefan Jäger zahlreiche Plagiate in ihrer Magister- und Doktorarbeit. Die Ministerin trat daraufhin letzte Woche zurück. Inside Politics sprach mit Dr. Stefan Weber über seine Recherche und darüber wie er auf die Magisterarbeiter der Ministerin aufmerksam wurde.

Der Salzburger Medienwissenschaftler Dr. Stefan Weber ist besonders durch seine Arbeit als Plagiatsprüfer bekannt. Auf das Konto des “Plagiatjägers” geht auch die 2017 erfolgte Aberkennung des Doktortitels des nunmehrigen Bundesratspräsidenten Mag. Christian Buchmann (ÖVP). Buchmann trat nach der Entziehung seines Doktortitels der Betriebswirtschaft, durch die Universität Graz, als Wirtschaftslandesrat der Steiermark zurück. verblieb noch ein halbes Jahr als Abgeordneter im Landtag und wechselte im Dezember 2017 für die Volkspartei in den Bundesrat, dem er wiederum seit 1. Jänner 2021 vorsitzt.

PLAGIATSVORWÜRFE GEGEN CHRISTINE ASCHBACHER FÜHREN ZU RÜCKTRITT

Letzte Woche wurden von Stefan Weber erneut Plagiatsvorwürfe gegenüber einem steirischen ÖVP-Mitglied erhoben. Diesmal betraf es die Familien-, Jugend- und Arbeitsministerin Mag. (FH) Christine Aschbacher PhD. Denn sowohl die 2006 auf der Fachhochschule Wiener Neustadt eingereichte Diplomarbeit als auch ihre erst im August 2020 vor der Technischen Universität Bratislava (Pressburg) erfolgreich verteidigte Dissertation, weisen bei genauerer Durchsicht deutliche Mängel und Fehler auf.

Auf seinem Blog veröffentlichte Dr. Weber am und 7. und 8. Jänner mehrere Beiträge zu Aschbachers wissenschaftlichen Arbeiten und führte sowohl grammatikalische, grafische wie auch wissenschaftliche Mängel auf. Kurz darauf trat Aschbacher zurück.

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Bild: Ob die Erstellung der Diplom- und Doktoratsarbeit Christine Aschbacher wissenschaftlich “überfordert” hat, wird nun geprüft. (Quelle: Christine Aschbacher, TU-Bratislava)

Dabei finden sich in Aschbachers Dissertation mit dem Titel “ENTWURF EINES FÜHRUNGSSTILS FÜR INNOVATIVE UNTERNEHMEN” sowohl in der grafischen Umsetzung als auch in der Gestaltung des Werkes (Layout) handwerkliche Fehler.
Die Autorin kopierte einfach Seiten anderer Bücher hinein, brachte hier zwar teilweise Quellenangaben an, gestaltete aber Texte trotz Fußnoten teilweise so, dass diese sich nicht unmittelbar als Zitate oder Passagen anderer Werke erkennen lassen.
Auch fehlten vielfach Seitenverweise. Hinzu kamen etliche Übersetzungsfehler wie der mittlerweile weit zitierte Satz “Annahmen sind wie Seepocken an der Seite eines Bootes; sie verlangsamen uns.”.

CHRISTINE ASCHBACHER KÖNNTE MAGISTER UND DOKTOR-TITEL VERLIEREN

Zur Erkennung des Plagiats nutzte Weber auch eine eigene Software um die Vergleiche zu anderen Publikationen leichter herstellen zu können.
Als Konsequenz der erhobenen Vorwürfe kündigten beide Hochschulen Prüfungen der jeweiligen Arbeiten an. Aschbacher trat am 09. Jänner 2020 zurück, verwies aber darauf, dass ihre Magisterarbeit auf der FH-Wiener Neustadt mit “Sehr Gut” bewertet wurde und sie diese mit besten Wissen und Gewissen erstellt habe.

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Bild: Der schnelle Rücktritt von Ministerin Aschbacher überraschte selbst langjährige Politikbeobachter.

Sollte Christine Aschbacher der Magistertitel aberkannt werden ist auch das Doktorratsstudium abzuerkennen, da dann die Studienvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Nur so wäre auch eine Aberkennung des Doktortitels (PHD) möglich, da es in der Slowakei erst seit dem 1. Jänner 2021 rechtlich möglich ist, einen solchen aufgrund eines Plagiates zu widerrufen.

INTERVIEW MIT DR. STEFAN WEBER

Inside Politics fragte Dr. Weber wie er auf die Diplomarbeit von Mag. (FH) Christine Aschbacher aufmerksam wurde und welche Fehler sie und ihre Betreuer gemacht haben.

INSIDE POLITICS: Sie schreiben in ihrem Blog, dass Sie nachdem Ihnen bei einigen Fernsehauftritten die mangelnden Deutschkenntnisse der Ministerin aufgefallen sind, Sie sich die Diplomarbeit von Frau Aschbacher von der FH-Wiener Neustadt bestellt haben. Ist diese Recherche von Ihnen alleine ausgegangen oder wurden Sie wie im Fall Buchmann von dritter Seite her beauftragt? Wenn ja, können Sie den Auftraggeber nennen?

Stefan Weber: Nein, es gab keine Beauftragung, weder eine bezahlte noch eine unbezahlte. Auch keinen anonymen Hinweis. Ich habe die Diplomarbeit bestellt, nachdem ich vor Weihnachten ein rätselhaftes Interview mit der Ministerin auf ORF2 sah. Da dachte ich mir: Wie konnte diese Person eigentlich eine wissenschaftliche Arbeit schreiben?

INSIDE POLITICS: Wo sehen Sie die wissenschaftliche Sorgfalt verletzt, welche Fehler haben ihrer Meinung nach Frau Aschbacher und eben die Betreuer der FH-Wiener Neustadt gemacht?

Stefan Weber: Frau Aschbacher hat wissenschaftliches Fehlverhalten begangen, also die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis grob fahrlässig und mutmaßlich auch vorsätzlich verletzt: indem sie etwa Hypothesen und Teile ihres Schlussteils plagiiert hat oder seitenweise direkte Zitate fälschlich wie indirekte belegt hat.

Der Betreuer ist zweifellos seiner Betreuungspflicht nicht nachgekommen. Es ist ganz und gar unmöglich, so eine Arbeit mit „Sehr gut” zu bewerten.

WEBER: “HABE FRAU ASCHBACHER NICHT VORAB KONTAKTIERT…”

INSIDE POLITICS: Haben Sie Frau Aschbacher vor der Veröffentlichung ihrer Beiträge persönlich kontaktiert bzw. wurden Sie von ihr nach der Veröffentlichung ihres Beitrages kontaktiert?

Stefan Weber: Nein, ich habe Frau Aschbacher nicht vorab kontaktiert. Die Funde sprechen für sich. Ich wurde von ihr oder ihrem Büro auch bislang nicht kontaktiert. Ich wüsste aber auch nicht, worüber wir reden sollten. Das Gesamtausmaß ihres Plagiats wird sie ja mir gegenüber nicht offen legen. PlagiatorInnen führen nicht Buch über ihre Übernahmen.

INSIDE POLITICS: Haben Sie mit der FH-Wiener Neustadt Kontakt aufgenommen bzw. bei den zuständigen Stellen eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht?

Stefan Weber: Nein, ich habe an der FH Wiener Neustadt bislang keinen geeigneten Kontakt gefunden, wie etwa eine Ombudsperson für gute wissenschaftliche Praxis oder eine Kommission zur Sicherung wissenschaftlicher Integrität.


BIS BALD,

EUER SIVIC

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VonSivic

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